PFAD kritisiert Empfehlungen der BAG LJÄ zur Kostenheranziehung junger Menschen
Die Empfehlung der BAG LJÄ zur Kostenheranziehung junger Menschen widerspricht teilweise geltendem Recht.
Die Empfehlung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter von 04.05.2018 widerspricht in Punkt 8.9.1 Einkommenszeitraum (S. 34) geltendem Recht. Seit 03.12.2013 gilt mit dem KJVVG eine eindeutige Klarstellung zum anzusetzenden Einkommenszeitraum. In mehreren Urteilen, wie
- Urteil des OVG Cottbus VG K 568/16 vom 03.02.2017
- Urteil des VG Berlin VG 18 K 443.14 vom 05.03.2015
sowie im Rechtsgutachten (DIJuF SN_2017_0557 Kr vom 22.08.2017) und Rechtskommentar Hauck, Erich Schmidt Verlag (Stähr zu § 94 III Nr.8 RN 29) wird eindeutig klargestellt, dass der zu Grunde zu legende Einkommenszeitraum sich aus § 93 Absatz 4 SGB VIII ergibt. Demzufolge ist diese Vorschrift auch bei der Kostenheranziehung für junge Menschen und Leistungsberechtigte (§ 94 Absatz 6, SGB VIII) anzuwenden.
Die genannten Urteile sowie Rechtsgutachten und Rechtskommentar beziehen sich auf die Begründung des Gesetzesentwurfes (BT-Drs. 17/13023, S. 10 f., 14f.) Aus diesem geht hervor, dass um den Unsicherheiten der Praxis – also der Jugendämter – bei der Einkommensberechnung zu begegnen, dem § 93 der neue Absatz 4 hinzugefügt wurde. Dieser dient der Klarstellung, welcher Zeitraum für die Berechnung des Einkommens zu betrachten ist (VG K 568/16 ; VG 18 K 443.14, Stähr):
„Aus einem Jahreseinkommen ist das durchschnittliche Monatseinkommen zu ermitteln. … Grundsätzlich wird das durchschnittliche Monatseinkommen des Kalenderjahres berechnet, das dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme der Kinder- und Jugendhilfe vorangeht.“ (BT-Dr. 17/13023 S. 14/15)
Die Auffassung der BAG LJÄ, dass „§ 94 Absatz 6 SGB VIII eine eigenständige Vorschrift zur Berechnung des Kostenbeitrags des untergebrachten Personenkreises“ sei, gibt keine Basis, rechtswidrig das aktuelle monatliche Nettoeinkommen als Berechnungsgrundlage anzusetzen. Denn: „§ 94 Abs. 6 SGB VIII bestimmt keine ausdrückliche Ausnahme von dem allgemein gesetzlich bestimmten Einkommensbegriff in § 93 Abs. 4 SGB VIII.“ (VG 18 K 443.14)
Wir wissen, dass viele Kommunen finanzielle Probleme haben. Dass aber ausgerechnet junge Menschen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe oder Pflegefamilien leben, die Kassen der Kommunen füllen sollen, ist nicht nachvollziehbar. Auf Bundesebene wird aktuell intensiv diskutiert, wie Kinderarmut zu verhindern ist (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19038.pdf#P.3700 S.3700-3717). Eine berufliche Ausbildung bildet eine wesentliche Grundlage, um später auf eigenen Füßen stehen zu können. Junge Menschen, die nicht die Unterstützung ihrer biologischen Familien haben, brauchen umso mehr die Hilfe und Anerkennung durch die Behörden, um nicht das Armutsrisiko ihrer biologischen Familien fortzuführen.
Quelle: PFAD Bundesverband vom 18.06.2018